Vortrag von Herrn Pfarrer Markus Karsch, Superindendent des evang. Kirchenkreises Saar-Ost
In einem eindringlichen Vortrag setzte sich Pfarrer Markus Karsch mit der aktuellen Lage der Kirche auseinander – gemessen an Albert Schweitzers berühmtem Leitsatz: „Ich bin Leben, das Leben will, inmitten von Leben, das leben will.“ Dieses Paradigma diente ihm als ethischer Prüfstein für Anspruch und Wirklichkeit kirchlichen Handelns.
Karsch zeigte deutlich, dass die öffentliche Wahrnehmung der Kirche derzeit stark belastet ist. Themen wie Missbrauch, Kirchenaustritte, Sparzwang und Debatten um den Umgang mit unterschiedlichen Sexualitäten prägen die Diskussion. Die Fakten sind eindeutig: In den vergangenen zehn Jahren verlor die Kirche rund 18,5 Prozent ihrer Mitglieder – mit erheblichen finanziellen Folgen.
Trotz dieser Entwicklungen betonte Karsch, dass die Kirche weiterhin unverzichtbare Aufgaben erfüllt. Dazu zählte er die kompromisslose Aufklärung und Verfolgung von Missbrauch, die Telefonseelsorge, die Arbeit der Diakonie und das kirchliche Engagement für Bildung. Auch das Ziel, kirchliche Gebäude bis 2035 klimaneutral zu betreibenund damit einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und zum Schutz der Umwelt zu leisten, ordnete er als positiven Beitrag im Sinne Schweitzers ein. In vielen Bereichen, so sein Fazit, könne die Kirche durchaus das „Prädikat Schweitzers“ für sich beanspruchen – wenngleich die negativen Schlagzeilen nicht ignoriert werden dürften.
Mit Blick auf die Zukunft sieht Karsch einen deutlichen Reformbedarf. Die Kirche werde sich strukturell verändern (müssen): Gemeinden würden zusammengelegt, Verwaltungseinheiten verkleinert und landeskirchliche Zentren gestärkt. Der Glaube selbst sei dadurch jedoch nicht gefährdet. „Geglaubt wird noch immer – nur anders“, so Karsch. Der Trend gehe zu einem persönlicheren, alltagsbezogenen und freieren Glaubensverständnis.
Um weitere Austritte zu verhindern, fordert der Pfarrer eine „Mixed Ecology“: vielfältigere Angebote für unterschiedliche Lebensformen, stärkere Präsenz in sozialen Brennpunkten und eine intensivere Förderung von Ehrenamtlichen und Jugendlichen. Auch finanzielle Gründe für Austritte müssten ernst genommen werden – etwa die Debatte um die Kirchensteuer, die in Deutschland ein Alleinstellungsmerkmal darstellt.
Am Ende bleibt für Karsch klar: Die Kirche steckt in einer tiefen Krise, aber sie bleibt eine wichtige Lebensbegleiterin. „Wenn wir Schweitzers Ethik ernst nehmen“, so sein Schlusswort, „dann liegt die Zukunft der Kirche in mutigen Reformen und einer neuen Vielfalt, die dem Leben dient.“








